Wenig später lag ich in meiner Kammer, die neben den
Gemeinschaftsschlafsälen der übrigen Cowboys lag. Obwohl meine Hände inzwischen frei waren,
fühlte ich mich immer noch irgendwie gefesselt, wenn ich an Christina dachte.
Kaum war sie von ihren Fesseln befreit gewesen, hatte Sie schon wieder
versucht, Herrin der Lage zu sein und Befehle erteilt. Und sie schien genau zu
wissen, was zu tun war. Auch wenn uns das, was sie vorhatte, unwiderruflich
wieder in die Gewalt der Banditen bringen würde. Aber wir hatten keine Wahl.
Wir mussten den Befehlen der Banditen gehorchen, wenn wir James und Jill je
wieder sehen wollten. Was Christina jetzt wohl machte? Wahrscheinlich betete
sie und vertraute diese vertrackte Situation ihrem Schöpfer an. Und ich tat nun
das Gleiche. Ich kniete nieder und betete, betete, dass Gott in seiner Allmacht
sich unserer Ohnmacht erbarmen möge, betetet für Christina, die ich liebte,
betete um Schutz und Hilfe für Jill und James, die jetzt irgendwo hilflos
gefesselt und geknebelt auf den harten Brettern des Proviantwagen lagen und
einem ungewissen Schicksal entgegenfuhren und die verloren waren, wenn
Christina und ich sie nicht rechtzeitig freikauften...
Ich wachte früh am nächsten Morgen auf. Ich hatte eine
unruhige Nacht durchlebt, die Ereignisse des Vortages hatten mich aufgewühlt,
ich hatte noch einmal erlebt, was uns alles widerfahren war, wie die Banditin
mich in der Küche überrascht und überwältigt hatte, wie ich hilfos auf einem
Stuhl gefesselt sehen musste wie James wie ein Paket verschnürt in den Raum
gebracht wurde und dann mein Schicksal als wehrloser Gefangener mit mir teilen
mussten, wie wir beide dann ohnmächtig miterleben mussten, wie auch die Frauen
überwältigt wurden und unser Los mit uns
teilten. Wie wir alle vier uns gefesselt und geknebelt auf
unseren Stühlen wanden, den skrupelosen Banditen und ihrer Anführerin auf
Gedeih und Verderb ausgeliefert, ich lebte noch einmal durch, was ich empfunden
hatte, als ich Christina sah, wie sie sich in ihrem roten Hemdblusenkleid
verzweifelt in ihren Fesseln wand und in ihren Knebel stöhnte, die Mischung aus
Scham, Ohnmacht und auch Erregung, die mich überwältigt hatte, weil ich nicht
in der Lage gewesen war, mich gegen die Banditin zur Wehr zu setzen, sondern
mich völlig widerstandslos überwältigen und binden hatte lassen, dass ich
nichts getan hatte, um Christina, Jill und James davor zu bewahren, diesen
skrupellosen Banditen als wehrlose Gefangene in die Hände zu fallen. Aber hatte
Christina nicht recht, was hätte ich denn tun sollen, ich war unbewaffnet und
hätte gegen das bewaffnete Weib und ihre Komplizen nicht das geringste
ausrichten können. Ich lag auf meinem Bett, immer noch in dem jetzt
schweißdurchtränkten Baumwollhemd, in dem ich gestern gefangen genommen worden
war. Ich knöpfte es auf und ging zur Waschschüssel, um mich ein wenig zu
erfrischen. Dann suchte ich ein frisches Hemd aus dem Schrank, es war rot, mit
zwei Brusttaschen. Ich zog es an und knöpfte es zu, dann band ich mir ein
buntkariertes Halstuch um, schlüpfte in ein frisches paar Jeans und zog meine
braunen Stiefel an. Während ich mich anzog, erschauerte ich bei dem Gedanken,
dass Christina und ich im Verlaufe des heutigen Tages wieder in die Gewalt der
Banditen geraten würden und dass Jill und James im Augenblick irgendwo
gefesselt und geknebelt gefangen gehalten würden und darauf warteten dass wir
kamen, um sie freizukaufen, aber noch wahrscheinlicher, um ihr Schicksal auf
unbestimmte Zeit wieder mit ihnen zu teilen.
Es wehte eine leichte kühle Morgenbrise, als ich nach
draußen trat. Christina hatte gerade das Ranchhaus verlassen und kam auf mich
zu. Sie trug einen Cowboyhut, eine ockerfarbene Bluse mit zwei geknöpften Brusttaschen,
hellblaue Jeans und dunkelbraune Stiefel. Um ihren Hals hatte sie ein grünes
Halstuch mit blauem Punktmuster geknotet.
"Okay, George, gehen wir zum Stall und holen wir die
Pferde. Ich habe für die Cowboys einen Zettel an die Tür geheftet und gesagt,
dass wir unterwegs sind, um uns neue Zuchtbullen anzuschauen. So werden Sie
keinen Verdacht schöpfen."
"Christina, wäre es nicht besser, einige von ihnen
einzuweihen. Sie könnten..."
"Auf keinen Fall George. Wir werden genau tun, was die
Banditen verlangen. Ich werde das Leben von Jill und James nicht
gefährden..."
"Das möchte ich doch auch nicht Christina,
aber..."
"Kein Wort mehr George, aber sie brauchen natürlich
nicht mitzukommen, wenn..."
"Jetzt hören Sie aber auf Christina. Gut, gehen wir zu
den Pferden..."
Wir gingen wortlos zu den Pferden. Wenige Minuten später
ritten wir durch die Prärie. Nach unserem kurzen Disput hatten wir kein Wort
mehr miteinander gewechselt.
"Es tut mir leid George. Ich...ich bin nervös. Oh Gott,
was sollen wir nur tun. Ich will das Leben von Jill und James auf keinen Fall
gefährden. Und ich bin so froh, dass Sie mit mir kommen um das gemeinsam mit
mir durchzustehen. Nicht jeder Mann würde das tun."
"Danke Christina. Wahrscheinlich haben Sie Recht. Die
Banditen könnten Spitzel in der Stadt haben. Und einige unserer Cowboys sind
wahre Plappermäuler. Aber irgendjemand sollten wir ins Vertrauen ziehen. Wir
haben keinerlei Gewissheit was die Banditen mit uns anstellen werden, wenn sie
das Geld haben und wir alle vier wieder in ihrer Gewalt sind."
"Sie haben sicher Recht George. Aber die Banditen haben
den Ort der Übergabe gut gewählt. Von den Felsen des Red Canyon aus kann man
die Ebene in alle vier Richtungen meilenweit übersehen. Die Banditen würden
sofort bemerken, wenn uns jemand folgt."
"Da haben Sie Recht Christina. Die Banditen werden Jill
und James sicher an einem anderen Ort gefangenhalten. Sobald sie uns mit dem
Geld in ihre Gewalt gebracht haben, werden sie uns sicher zu ihnen bringen,
wahrscheinlich nehmen Sie uns als Geiseln mit, um jeden möglichen Verfolger auf
Abstand zu halten."
"Es ist zwecklos, Georg. Wir haben nur eine Wahl. Wir
müssen den Anweisungen der Banditen Folge leisten, und darauf hoffen, dass sie
uns alle vier freilassen, sobald sie das Geld haben und sicher sind, dass
niemand ihnen auf der Spur ist."
"Sicher, Christina. Die armen Kinder. Wie es ihnen wohl
gehen mag. Wahrscheinlich sind sie immer noch gefesselt und geknebelt. Die
Banditen werden ihnen doch nichts antun. Sie sind doch noch so jung. Wenn wir
doch nur schon wieder bei Ihnen wären, um zu wissen, dass sie unversehrt
sind."
Nach diesem Gespräch ritten wir noch etwa zwei Stunden
schweigen und jeder in seine eigenen Gedanken versunken weiter, bevor wir die
Stadt Santa Fé erreichten, die in gleißendes Sonnenlicht getaucht war. Hier
würden wir das Lösegeld in der Bank besorgen und uns dann auf den mehrstündigen
Ritt zum Red Canyon machen...
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